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Rechtsstreitigkeiten rund um die Taxen des Alterszentrums Weihermatt: Eine Übersicht

30. Oktober 2019
Immer wieder war in den letzten Wochen und Monaten über die Rechtsstreitigkeiten rund um die Taxen des Alterszentrums Weihermatt zu lesen. Die Thematik ist vielschichtig und komplex. Im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sieht sich der Gemeinderat veranlasst, nachfolgend eine Übersicht zu ermöglichen.

Um was geht es?

Im Jahr 2012 wurde die Sanierung und Erweiterung des Alterszentrums Weihermatt abgeschlossen. Gleichzeitig wurde die Institution neu ausgerichtet, vom Altersheim zum Pflegeheim. Es bietet seither 91 pflegebedürftigen Menschen einen geschützten Lebensraum. Auf Januar 2013 wurde die Taxordnung des Alterszentrums Weihermatt den veränderten Verhältnissen angepasst. In der Taxordnung sind nebst den Leistungen auch die von den Bewohnenden zu tragenden Kosten geregelt, insbesondere jene für die Hotellerie (d.h. Zimmer, Verpflegung und Wäsche) und die seit 2013 von allen Bewohnenden zu bezahlende Betreuungstaxe. Gegen letztere erhob im Herbst 2013 eine Pensionärin Einsprache.

Was ist seit dem Jahr 2013 geschehen?

In den letzten Jahren wurden durch die Pensionärin zahlreiche Rechtsmittelverfahren und externe Überprüfungen der Kosten für die Betreuung und später für die Hotellerie angestrengt. Dabei war bisher eine Vielzahl von Instanzen involviert, so der Bezirksrat, das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, Kantonsräte, der Regierungsrat und der Preisüberwacher sowie der Branchenverband. Auch in den Medien haben die Rechtsstreitigkeiten ihren Niederschlag gefunden. Dabei wurde vor allem durch die Berichterstattung in verschiedenen Titeln der Tamedia-Gruppe (u.a. SonntagsZeitung, Tages-Anzeiger) der Eindruck erweckt, die Gemeinde Urdorf würde sich zu Lasten der Pensionärinnen und Pensionäre des Alterszentrums Weihermatt finanziell bevorteilen.

Dass die Thematik auf sehr grosse Aufmerksamkeit stösst, ist weniger darauf zurückzuführen, dass eine der 91 Bewohnenden des Alterszentrums Weihermatt die ihr verrechnete Betreuungstaxe ablehnt. Vielmehr handelt es sich um ein kantons- und schweizweites Systemproblem im Zusammenhang mit der Pflegeheimfinanzierung.

Warum handelt es sich nicht nur um einen Einzelfall, sondern um ein Systemproblem?

Im Jahr 2011 wurde im Kanton Zürich das aktuelle Pflegegesetz in Kraft gesetzt. In diesem ist auch die Finanzierung von Pflegeheimen geregelt. Nicht klar geregelt wurde die Umsetzung des Pflegegesetzes. Dies hat dazu geführt, dass viele Umsetzungsfragen offen sind und die involvierten Instanzen sich teilweise widersprechen, beispielsweise bei der Frage, zu welchem Zinssatz investiertes Kapital zu verzinsen ist. Für die Pflegeheime stellt sich damit seit Jahren die Frage, welche Umsetzungsvorgaben gelten. Hier hat der Bezirksrat mit einem Beschluss von Ende Juli 2019 eine erste Orientierungshilfe geleistet. Auch der Kanton hat nun reagiert und im Herbst 2019 erstmals umfassende Schulungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Pflegegesetzes angeboten.

Wie stellen sich die Fakten in Bezug auf das Alterszentrum dar?

  • Seit der Einführung der angepassten Taxordnung per Anfang 2013 hat die Gemeinde Urdorf immer die gleichen Taxen für Hotellerie und Betreuung verrechnet.
  • In allen Rechtsverfahren der letzten Jahre wurde die Taxordnung bestätigt. Die Taxordnung in ihrer bestehenden Form sowie die Erhebung einer pauschalen Betreuungstaxe wurden als korrekt beurteilt.
  • Davon ausgenommen ist eine Rückzahlung der Betreuungskosten für vier Monate an die Pensionärin, weil die Gemeinde gemäss gerichtlicher Beurteilung im vorliegenden Einzelfall zeitlich zu knapp über die Taxordnungs-Revision informiert habe. Zudem konnte die Kündigung, die der Gemeinderat aussprechen musste, weil die Pensionärin nicht mehr bereit war, die Pensionskosten vollumfänglich zu bezahlen, rechtlich nicht durchgesetzt werden.
  • Hinsichtlich der Taxen wurden die Kosten für Hotellerie und Betreuung 2013 bis 2015 als rechtens bestätigt.
  • Vorbehalte brachte der Regierungsrat bei den Zahlen für die Jahre 2016 und 2017 an, die er im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde der Pensionärin kontrollierte. Er wies daher im August 2018 den Bezirksrat an, die Gemeinde zu einer Senkung der Taxen für die Hotellerie und Betreuung zu verpflichten.
  • Auf der Grundlage seiner Prüfung, wozu er sich auch auf einen Expertenbericht stützte, ist der Bezirksrat Ende Juli 2019 zum Schluss gekommen, dass die gemäss Taxordnung in den Jahren 2016 und 2017 erhobenen Betreuungstaxen um Fr. 5 pro Person und Tag zu hoch angesetzt waren und zur Einhaltung des Kostendeckungsprinzips zurückbezahlt werden müssen. Als Ursache für die Differenz zwischen den Erträgen aus den mit der Taxordnung festgesetzten Taxen und den effektiv in den Jahren 2016 und 2017 angefallenen Kosten stellte der Bezirksrat die überdurchschnittlich hohe Auslastung des Alterszentrums fest. Sie belegt, dass die Bewohnenden mit den Leistungen zufrieden sind und, mit Ausnahme einer Bewohnerin, die erhobenen Taxen als richtig beurteilen. Der Bezirksrat stellte fest, dass die Abweichung nicht auf eine Absicht des Gemeinderates zurückzuführen ist, die über die Restkostenfinanzierung von der Gemeinde zu tragenden Pflegekosten quer zu subventionieren.
  • Auch wenn der Beschluss des Bezirksrates teilweise im Widerspruch zu anderen Instanzen und Bestimmungen steht, hat sich der Gemeinderat entschieden, kein Rechtsmittel dagegen zu ergreifen. Das, weil der bezirksrätliche Beschluss Orientierung im erwähnten Systemproblem bietet. Der Gemeinderat hat in der Folge die für die Jahre 2016 und 2017 angewiesene Rückzahlung in die Wege geleitet und die Buchhaltung des Alterszentrums für die Jahre 2018 und folgende am Bezirksratsbeschluss ausgerichtet. Zudem hat er im Budget 2020 eine Reduktion der Pensionskosten eingestellt.
  • Die Pensionärin resp. ihre Rechtsvertretung wiederum hat auch gegen diesen Beschluss des Bezirksrates Aufsichtsbeschwerde erhoben. Sie verlangt eine höhere Rückerstattung.

Was bedeutet das für die Gemeinde Urdorf?

Die zahlreichen Verfahren binden die zeitlichen Mittel von Gemeinderat, Verwaltung und Alterszentrum stark. Zudem ist die notwendige rechtliche Unterstützung kostenintensiv. Diese Kosten können nicht den Steuerzahlenden aufgebürdet, sondern müssen der Betriebsrechnung des Alterszentrum Weihermatt belastet werden. Dadurch leisten alle Bewohnende indirekt einen finanziellen Beitrag an die durch die Verfahren verursachten Kosten.

Weil die erwähnten Rechtsstreitigkeiten kantons- und sogar schweizweit herangezogen werden, um ein systemisches Problem anzuprangern, erscheint Urdorf diesbezüglich immer wieder in den Medien. Vor allem einzelne Titel der Tamedia-Gruppe, so insbesondere der Tages-Anzeiger, werfen der Gemeinde in einer einseitigen und polemischen Berichterstattung ungesetzliches und verwerfliches Verhalten vor. Hinzu kommt, dass der Tages-Anzeiger im Vorfeld dieser jüngsten Berichterstattung es unterlassen hat, der Gemeinde Urdorf die Möglichkeit zu geben, ihre Sicht zur Sachlage darzulegen.

Fazit

Das Thema „Pflegefinanzierung“, das alle Gemeinden und öffentlichen Pflegeinstitutionen der Schweiz betrifft, wurde im Wesentlichen am Beispiel der Gemeinde Urdorf diskutiert und politisch instrumentalisiert. Der Gemeinderat, die Verwaltung und das Alterszentrum Weihermatt sehen sich aufgrund der bisher ergangenen Entscheide der verschiedenen Instanzen jedoch in ihrer grundsätzlichen Haltung und auch in ihrer Integrität bestätigt. Wo Instanzen in ihren Entscheiden Korrekturen verlangt haben, hat die Gemeinde Urdorf Folge geleistet.

Mit seinem Entscheid vom August 2019, auf den weiteren Rechtsweg zu verzichten, hat der Gemeinderat die Rechtssicherheit als höherwertiges Gut betrachtet. Damit wollte er den langwierigen und aufwandtreibenden Prozess im Sinne aller Beteiligten abschliessen. Dieser erfährt nun aufgrund der jüngsten Beschwerde der Rechtsvertretung der Pensionärin vor dem Regierungsrat eine erneute Verlängerung.

Der Gemeinderat, die Verwaltung und das Alterszentrum Weihermatt werden sich indes weiterhin und mit Überzeugung dafür einsetzen, dass den Pensionärinnen und Pensionären im Alterszentrum Weihermatt tagtäglich die bestmöglichen Leistungen zu rechtmässigen und fairen Kosten angeboten werden können.

Gemeinderat Urdorf

Zuständige Abteilung: Präsidialabteilung